Essstörungen bei Mädchen steigen alarmierend – das zeigen aktuelle Zahlen aus einer Studie von Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann (2024). Die stationären Aufnahmen aufgrund von Anorexia nervosa nahmen bei Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren um 42 % zu, bei 15- bis 19-Jährigen um 25 %. Die Studie macht deutlich: Mädchen sind besonders häufig betroffen. Dieser Umstand ist kein Zufall. Angela McRobbie, Professorin für Kommunikationswissenschaften, hat in ihrem Buch “Top Girls” in dem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der Versuch, eine weibliche Identität zu erlangen, Frauen und Mädchen krank mache (McRobbie 2016, 127).

Was hat die Gesellschaft damit zu tun?

Essstörungen entstehen nicht im luftleeren Raum. Mädchen und junge Frauen wachsen in einer Gesellschaft auf, in der die Schlankheit von Frauen mit Disziplin, Kontrolle und Anerkennung gleichgesetzt wird. Weibliche Körper werden öffentlich kommentiert, bewertet und oft nur dann anerkannt, wenn sie normkonform sind. An Mädchen wird früh vermittelt, dass ihr Wert eng mit ihrem Aussehen verknüpft ist. Studien zeigen, dass schon 3-jährige Mädchen ihren Selbstwert an ihrem Aussehen festmachen und sagen, dass es wichtig ist ‘hübsch’ zu sein.

Diese Botschaften prägen sich tief ein – über Werbung, Schule, Popkultur und nicht zuletzt über Social Media. Auf Plattformen wie TikTok zeigt sich das besonders deutlich im Trend #skinnytok: Unter diesem Hashtag kursieren vermeintlich „inspirierende“ Körperbilder, restriktive Essenspläne und „What I eat in a day“-Videos, die einseitige, oft ungesunde Schönheitsideale inszenieren. Auch wenn sie subtil erscheinen, vermitteln diese Inhalte eine klare Botschaft: Du bist nur wertvoll, wenn du „skinny“ bist. #skinnytok ist Symptom eines Systems, das Mädchen zur Kontrolle über ihren Körper erzieht.

Doch es geht auch anders. Mit unserer Kampagne #AnnaundHannahLovesCarbs zeigen wir: Genuss macht glücklich. Denn Genießen bedeutet, Dinge mit Freude und Hingabe zu tun und dabei positive Erfahrungen zu machen. Während einer genussvollen Erfahrung wird das Belohnungssystem in unserem Gehirn aktiviert. Es werden Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin, Oxytocin und Endorphine ausgeschüttet. Auf diese Weise kann bewusstes Genießen dabei helfen, Stress abzubauen, zu entspannen und dadurch glücklicher zu sein. Wir bei Anna & Hannah e.V. finden: der Bildungsauftrag der Sozialen Arbeit beinhaltet, Mädchen geschlechtssensibel im Aufwachsen zu begleiten und Genuss spielt hierbei eine zentrale Rolle. Digitale Soziale Arbeit macht es möglich.

Quellen:

Herpertz-Dahlmann, B. (2024): Neue Entwicklungen bei Essstörungen im Kindes- und Jugendalter – Anorexie, Bulimie, Binge Eating und vermeidende restriktive Essstörung (ARFID). Bundesgesundheitsblatt. https://doi.org/10.1007/s00103-024-03856-y

McRobbie, Angela (2016): Top Girls Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes, 2. Auflage, Wiesbaden